Wozu braucht man eine fremde Person für die Trauerrede?

Eine besondere Bedeutung kommt der Trauerrednerin zu, weil sie als Aussenstehende den Angehörigen spiegelt, was sie ihr selbst erzählt haben, damit sie es anders hören können.
Über den Umweg einer anderen Stimme kann der Trauer eine neue Perspektive gegeben werden, ohne die die Hinterblieben ggf. in der Düsternis ihrer Gedanken feststecken.
Aus der subjektiven Beschreibung der Familie kann eine objektivere und umfassendere Sicht durch die Rednerin vorgetragen werden.
Eine ganze Lebensgeschichte entsteht in neuen Bildern für die Familie, eine Zusammenfassung gefüllt mit Erinnerungen, Anerkennung und Wertschätzung. Die Angehörigen können sich alles Belastende von der Seele reden.
Manches tritt dabei deutlicher zutage als je zuvor und manche Frage bekommt eine Antwort. Auch darin liegt Trost.
Sofern einige Mitglieder der Familie sich in der Lage fühlen, etwas Wertschätzendes und Persönliches über die verstorbene Person vorzutragen, zeugt dies von der Liebe und dem Andenken. In der Trauerfeier kann dafür Platz eingeräumt werden.
Ist dies nicht der Fall, und es wird trotzdem kein Pfarrer oder Redner gewünscht, verliert die Trauerfeier an Würde und Inhalt.
Es fehlen persönliche Worte der Erinnerung und Wertschätzung, des Trostes und der Hoffnung.
Für die meisten Menschen stellt ein Redner oder eine Rednerin die Alternative zum Pfarrer oder zur Pfarrerin dar.
Ich selber betrachte mich nicht ausschließlich als weltliche Trauerrednerin.
Die Hoffnung auf ein Wiedersehen auch nach dem Tod verbindet Menschen über alle Glaubensrichtungen hinweg.
Da mir das christliche Gedankengut nicht fremd ist, gestalte ich auf Wunsch auch eine christliche Trauerfeier
mit entsprechenden Liedern, dem Vaterunser oder einem Bibelvers.
Gerne auch in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Geistlichen.
Mit einer Trauerrede nimmt man sich nocheinmal Zeit für den verstorbenen Menschen.

Denn jeder einzelne Mensch ist schon eine Welt, die mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt,
unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.
(Heinrich Heine)
